Franz Steinkühler hatte sich die Verkürzung der Arbeitszeit auf die Fahnen geschrieben. In den Achtzigern wurde darum gekämpft. Schrittweise mussten die Arbeitnehmer in der Metallindustrie weniger arbeiten, von zunächst 38,5 (1984) über 37 (1987) auf zuletzt 35 (1995) Stunden. Paradiesische Verhältnisse schienen angebrochen. Nicht für alle. Im Daimler-Konzern wurde umfangreich von einer Ausnahmeregelung im Tarifvertrag Gebrauch gemacht und mit tausenden Mitarbeitern  weiterhin 40-Stunden-Verträge praktiziert. Bis jetzt. Alle Vierzigstünder erhielten dieser Tage Post von ihrem Arbeitgeber. Zurück – nicht auf Los, sondern zur 35-Stunden-Woche – ist die Botschaft, unmissverständlich, und bitte zum 1. April (ohne Scherz) 2021.

Bei den Arbeitsrechtlern im Umkreis stehen die Telefone seither nicht still.

„Das geht doch nicht, ich habe doch einen Vertrag“, „spinnen die da oben, ich brauche das Geld“, „was soll das, ich will das nicht“, „kann ich dagegen klagen“ und ähnliche Ansagen rufen nach der Gerechtigkeit. Das Recht steht auf der Seite des Unternehmens, die Tarifregelungen sind eindeutig, das Bundesarbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht in Stuttgart (ganz aktuell im September 2020) sehen das auch so.

Also ab ins Paradies, jetzt auch für alle Daimler-Mitarbeiter. Auch wenn die sich jetzt mit mehr als 12 % weniger zu begnügen haben.

Schuld hat die IG Metall, nicht, weil sie sich für die 35-Stunden-Woche eingesetzt und sie auch durchgesetzt hat, sondern weil sie nicht sieht, dass aus weniger Arbeit auch weniger Geld folgt und dass genau das die wenigsten wollen, die für ihren Lebensunterhalt arbeiten gehen. Die Mehrheit arbeitet lieber mehr, um am Ende auch mehr in der Tasche zu haben.

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